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Bürgermeisterin mit Caritas unterwegs

„Aktion Rollentausch“ lässt Politiker wie Würzburgs Bürgermeisterin Marion Schäfer in Sozialeinrichtungen hospitieren – Aktion vom 6. bis 16. Oktober

Würzburg (POW) Den Würzburgern ist sie als Bürgermeisterin und SPD-Frau bekannt. Derzeit hat sie den Mandatssessel mit dem Beifahrersitz des Dienstwagens der Würzburger Caritas-Sozialstation Sankt Norbert getauscht. Marion Schäfer ist eine von bayernweit mehr als 300 Politikern und Führungspersönlichkeiten aus Wirtschaft und Verbänden, die bei der „Aktion Rollentausch“ einen Einblick in die soziale Arbeit gewinnen. Auf Initiative des bayerischen Sozialministeriums und der Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege wurden im Frühjahr soziale Einrichtungen in Bayern aufgerufen, sich daran zu beteiligen und Politiker für einige Stunden oder einen ganzen Tag bei sozialen Arbeitsfeldern zusehen oder mitmachen zu lassen. Vom 6. bis 16. Oktober sitzen die Hospitanten in kleinen und großen Einrichtungen Klienten gegenüber, arbeiten in Kindertageseinrichtungen mit, begleiten Pflegekräfte bei Hausbesuchen, helfen in einem Seniorenheim oder einer Behinderteneinrichtung.

Allein in Unterfranken sind fast 50 Einrichtungen an der Aktion beteiligt. Die Sozialstation Sankt Norbert in Würzburg hat 34 Mitarbeiter und betreut etwa 200 Patienten. Damit zählt sie zu den größten der Umgebung. Sepp Mauderer, Geschäftsführer des Würzburger Orts- und Kreiscaritasverbandes, begrüßt die prominente Hospitantin. „Wir freuen uns sehr, dass sich jemand aus der Leitungsebene des Rathauses die Zeit nimmt, unsere Arbeit zu begleiten.“ Bevor sich die Bürgermeisterin mit Schwester Annegret Holzheimer auf Tour begibt, erklärt Mauderer ihr die Leistungen der Pflegeversicherung und die Abläufe einer Sozialstation.

Der erste Besuch gilt einem alten Ehepaar in der Würzburger Innenstadt. Die über 80-jährigen Eheleute sind pflegebedürftig und können ihre Wohnung im vierten Stock nicht mehr verlassen. Während Schwester Annegret den Ehemann badet, hat Marion Schäfer Gelegenheit zu einem Gespräch mit seiner Frau. Die erzählt ihr ausführlich von ihrer Familie, ihrer Krankheit und ihrer schweren Arbeit im Weinberg. Schon lange habe ihr niemand mehr so gut zugehört. Ihr einziger Kontakt zur Außenwelt sei ihre Tochter, die jeden Tag komme, die Wäsche mache und für die Eltern einkaufe. „Wie viel Lebensqualität ist noch da, wenn man die Wohnung nicht mehr verlassen kann?“, fragt sich Marion Schäfer anschließend. Solche Menschen kannte sie bislang nicht. „Mehrere unserer Patienten leben so“, entgegnet Schwester Annegret. „Viele pflegebedürftige alte Menschen bleiben so lange es geht in ihrer Wohnung. Auch wenn sie dafür Unannehmlichkeiten auf sich nehmen müssen.“

Der nächste Besuch führt die beiden Frauen zu einem über 80-Jährigen. Über den Besuch der Bürgermeisterin freut er sich sehr. Er kennt sie von seiner jahrelangen Mitarbeit in einem Würzburger Arbeitskreis. Normalerweise ergänze er sich gut mit seiner Ehefrau, sie könnten sich gegenseitig helfen. Doch momentan ist sie auf Reha. Eine umfangreiche Pflege ist heute nicht nötig, Schwester Annegret füllt nur die Wochenbox mit Medikamenten auf und gibt eine Beratung in Sachen Badelifter. Die beiden Senioren sind inzwischen unsicher auf den Beinen und können die Badewanne nicht mehr richtig nutzen.

Eine normale Tour dauert deutlich länger, doch die beiden Besuche sind genug für erste Eindrücke. Marion Schäfer wird von der Caritas zum Essen eingeladen. Aber nicht in ein Lokal: Geschäftsführer Mauder hat das Essen extra anliefern lassen. Auf dem Tisch der Sozialstation stehen graue Warmhalteboxen der Malteser. Innen drin sind verschiedene Auswahlmenüs von „Essen auf Rädern“. Schäfer wählt das rustikal-fränkische. Es schmeckt ihr sichtlich.

Beim abschließenden Gespräch ist der gegenseitige Eindruck auf beiden Seiten positiv. Schwester Annegret lobt die Bürgermeisterin, die unverkrampft und offen auf die Menschen zugegangen sei. Sie kann es vergleichen, hat sie doch öfters Schwesternschülerinnen oder Hospitanten dabei. Und auch Schäfer ist von den Besuchen beeindruckt. „Vor Ort mitzubekommen, wie es um die Menschen steht, ist viel wichtiger, als es nur am Tisch zu entscheiden.“ Erschrocken reagiert sie auf die Minutenpflege und die engen Zeitpläne der Schwestern. „Zwei Minuten für das Kämmen, vier Minuten für eine Insulinspritze inklusive Blutzucker messen – solche Zeitfenster lassen kaum Raum für das Zwischenmenschliche oder gar Zärtliche. Dabei ist die Arbeit der Schwestern für die Seele ihrer Patienten genauso wichtig wie für den Körper. Die Schwestern sind doch manchmal schon halbe Gesprächstherapeuten.“

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